Interview mit Bezugserzieher Denny Dres

11.02.2016

int_denny_dres_01Denny Dres, in seinem ersten Beruf Gas-Wasser-Installateur, ist Bezugserzieher an der Richard-Wagner-Grundschule und leitet dort die Handwerker- und Hausmeister-AG. Er sprach mit Christina Cassim.

Was waren die Gründe, aus denen du dich entschieden hast, in den Erzieherberuf zu wechseln?
Naja, kurz gesagt, ich konnte mir nicht vorstellen, bis zur Rente Heizkörper in den siebten Stock zu schleppen. Seit meiner Lehre, also von 1991 bis 2011, habe ich in dem Beruf gearbeitet – eine lange Zeit. In unterschiedlichen Firmen, auf Montage und im Kundendienst. Ich war einfach nicht glücklich auf dem Bau. Natürlich war es auch manchmal toll, abends zu sehen, wie viel ich geschafft hatte, aber das war doch eher die Ausnahme. Die Arbeit hat mich nicht erfüllt und ich habe wohl ziemlich viel geschimpft. Meine Frau sagte immer: „Jammer nicht, ändere was!“

An einem Sonntag kam ich auf dem Rückweg vom Bäcker an einer Kita vorbei und dachte: „Ich könnte auch mit Kindern arbeiten.“ Wir haben darüber geredet, aber es hat doch eine Weile gedauert, bis ich das wirklich umgesetzt habe.

Der Chef meiner Frau war der Leiter eines großen Jugendhilfeträgers. Für den habe ich das Haus umgebaut und als eine Art Hausmeister gearbeitet. Eines Tages fragte er mich, ob ich mir vorstellen könne, noch einmal eine Ausbildung zu machen. Zum Ausprobieren bin ich dann gleich mal als Betreuer auf ein Teamwochenende mitgefahren, bei dem die MitarbeiterInnen ihre Kinder mitnehmen konnten. Das war eine kleine Gruppe von Kindern zwischen vier und zwölf Jahren. Die Kinder sind gleich voll auf mich abgefahren und es hat super funktioniert. Also war es für mich entschieden, dass ich eine Ausbildung bei dem Träger anfange. Gleich zu Beginn wusste ich, dass ich lieber mit Schulkindern arbeiten möchte. Der Träger hatte unter anderem Freizeiteinrichtungen, die Nachmittagsgestaltung für Schulkinder anbieten. Dort habe ich dann berufsbegleitend meine Ausbildung begonnen. Wir machten Hausaufgabenbetreuung, Kochen, Freizeitgestaltung und es gab Klassentrainings in Kooperation mit einer Grundschule. Spätestens da war mir klar, dass ich gern an einer Grundschule arbeiten wollte.

Hast du den Eindruck, dass du als Mann eine besondere Rolle bei den Kindern einnimmst?
Naja, Männer spielen einfach anders. Viel körperlicher. Es wird mehr Fußball gespielt und es ist auch ok, wenn sich mal gerauft wird.

Profitierst du in deiner jetzigen Arbeit von deinem Vorberuf?
Klar, durch den gesamten Zugang zum Handwerklichen. Ich biete ja die „Kleine Handwerker“-AG an, in der ich den Kindern vermitteln will, wie man Dinge baut und mit all den Werkzeugen und Gerätschaften umgeht. Das interessiert schon mehr die Jungs, aber es kommen auch Mädchen.

Anfangs habe ich allein zwei Gruppen von jeweils 20 Kindern geleitet. Da beschränkte sich die Arbeit weitgehend aufs Schnitzen und ging auch nicht immer ohne Verletzungen ab. Seit kurzem mache ich die AG zu zweit mit einem Kollegen – so kann man sich die Arbeit aufteilen. Es ist jetzt eine Handwerker- und Hausmeister-AG, bei der wir auch Arbeitsaufträge der Schule entgegennehmen, zum Beispiel kleine Reparaturen am Gebäude, einen Schuppen anstreichen, eine Absperrung oder ein Regal für den Schulgarten bauen oder ein Bushaltestellen-Schild für die Theater-AG anfertigen. Es gibt kein vorgeschriebenes Programm. Wir machen das, was an uns herangetragen wird und natürlich, was die Kinder selber bauen wollen – einen Bumerang oder dergleichen. Für die Kinder sind diese handwerklichen Prozesse anstrengend. Es fällt ihnen nicht leicht, länger als 20 Minuten dranzubleiben. Wir wollen die Kinder aber animieren, durchzuhalten und wirklich mit ihren Händen etwas zu schaffen.

Wie war es damals für dich, nach 20 Jahren im Beruf wieder ein Lehrbuch in die Hand zu nehmen?
Hart. Schule war ja früher ganz anders als heute, wo man es schon in der vierten Klasse gewohnt ist, vor der ganzen Klasse Vorträge zu halten. Das gesamte Lernen und Unterrichten ist anders geworden. Freies Sprechen vor der Gruppe oder Klausuren von zwei bis drei Stunden, das kannte ich vorher nicht. Ich habe wirklich das Lernen neu gelernt. In der schulischen Ausbildung behandelten wir allerdings auch viel Theorie aus dem Bereich Kita, die für meine praktische Arbeit in der Nachmittagsbetreuung überhaupt keine Bedeutung hatte, bei der es ja darum geht, ein Spielangebot für 50 fremde Kinder bereitzustellen. In Schule und Kita bestehen doch sehr unterschiedliche Anforderungen. Inzwischen wurde die Ausbildung da offenbar besser angepasst. Mein Eindruck ist aber, dass die Lehrer gern mit denjenigen arbeiten, die aus der Praxis kommen.

Was hat der Berufswechsel finanziell für dich bedeutet?
Während der drei Ausbildungsjahre hatte ich natürlich etwas weniger. Jetzt habe ich aber netto mehr als vorher, bei weniger Arbeitszeit. Außerdem bin ich inzwischen Vater geworden und SOCIUS ist wirklich ein unglaublich guter Arbeitgeber für Eltern.

Deine Entscheidung war also rückblickend richtig?
Auf jeden Fall. Ich bekomme viel mehr Wertschätzung für meine Arbeit – von meiner Leitung, von den Eltern und den Kindern. Das motiviert mich, weiterzumachen. Natürlich ist es manchmal emotional anstrengend und sicher gibt es gelegentlich auch Kritik, aber damit kann man ja umgehen. Man lernt auch ganz viel von den Kindern. Generell bin ich viel zufriedener und auch in stressigen Situationen weniger impulsiv. Wenn die Zeit bis zum Feierabend verfliegt oder wenn ich mit den Kindern auf Ausflügen bin, dann denke ich manchmal: „Wahnsinn, und dafür werde ich bezahlt.“

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