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Eine Familie allein zu Hause – immer noch

20.04.2020

Ein Bericht von Anett Lein

Der Mann seit Wochen in Jogginghose, der Große kann sich vor Chaos in seinem Zimmer nicht mehr drehen und wenden und der Lütte steht gedankenverloren im Flur… Ja, die Corona-Beschränkungen dauern an.

Es macht Sinn, erst langsam wieder zu starten, dennoch bleibt es für alle eine schwierige Situation. Dass die Kinder immer noch nicht in die Kita bzw. Schule dürfen, sorgt bei mir für Ernüchterung. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber Kitas und Schulen sind ein wichtiger Bestandteil für die Entwicklung von Kindern. Leichte Panik kommt dann auf, wenn man sich fragt, was das für die Bildung der Kinder bedeutet … ihre Zukunftschancen …

In der Klasse meines großen Kindes ist die Situation katastrophal. Es gibt kein Konzept, die Kinder in den nächsten Wochen mit neuem Lernstoff zu versorgen oder ihn schrittweise zu erarbeiten. Das verunsichert uns und es macht deutlich, wie abhängig die Bildung und Erziehung der Kinder vom Engagement der Pädagog*innen ist. Das auszuhalten ist ehrlich gesagt schwieriger, als alle anderen Unsicherheiten, die mit Corona einhergehen…

Durchatmen, sage ich mir, am meisten lernt man doch, wenn man solche Krisen durchsteht. Schließlich sind wir damit nicht allein und wenn man den Blick auf andere Länder lenkt, erscheinen unsere Probleme doch wieder händelbar.

Übrigens, der Lütte, der scheinbar gedankenverloren im Flur steht, ist gar nicht so sehr in Gedanken. Als ich wissen möchte, warum er dort steht, erklärt er völlig selbstverständlich, die Toilette ist besetzt und er wartet in sicherem Abstand, bis sie wieder frei ist – wegen Corona! Dass er die Augen verleiert, bei einer so „doofen“ Frage, versteht sich von selbst …

Die Kinder arrangieren sich also mit der neuen Situation und das ist eine ganz wichtige Leistung, von der sie ein Leben lang profitieren werden!

Ja – nach wie vor, versuchen wir es mit einer großen Portion Optimismus! Wir werden unseren Weg finden, mehr bleibt uns nicht und zu Hause in der Familie lernen die Kids schließlich auch!

Neulich gab es Räuberabendbrot. Das ist das Abendbrot, was uns in 0,1 Millisekunden zu den besten Eltern der Welt macht. Es gibt Stulle mit Brot, ABER gemütlich auf der Couch bei einem schönen Film.

In dieser Woche haben die Jungs selbst das Räuberabendbrot vorbereitet, weil wir noch gearbeitet haben. Was die Zwei sich da gezaubert haben, hat uns sehr beeindruckt – wider Erwarten war es sogar gesund :o) Unsere elterlichen Augen müssen ziemlich gestrahlt haben, denn man bot sich an, in den nächsten Tagen ein Räuberabendbrot für uns alle zu machen. Da sagen wir nicht nein, und tatsächlich haben die beiden Herrlichkeiten sich einen Plan gemacht, Einkaufszettel geschrieben (Rechtschreibung!) und den Einkauf eigenverantwortlich absolviert (Mathe!). Wunderbar fürs Leben gelernt :o)

Ich hoffe, diese kleinen „Wunder“ gibt es noch, wenn ich wieder beruflich versuche, den RiWa-Kindern Selbstständigkeit und solidarisches Handeln zu vermitteln ;o) Das wird wohl noch dauern.

Ein bisschen bange ist mir aber schon, unser Bildungsauftrag umfasst das ganze Spektrum des sozialen Miteinanders – also Beziehung, Bindung und Vertrauen. Dafür braucht es Nähe, gemeinsame Erlebnisse, Gespräche. Wie funktioniert das mit Abstandsregelungen und Mundschutz, der nur die Augen zeigt?

Wir Erzieher*innen dürfen mit den Kindern blödeln, ihnen zeigen wie man friedlich Konflikte löst, sie in den Arm nehmen, um sie zu trösten oder um uns mit ihnen zu freuen! Das ist Teil unserer Arbeit…

Wird es also keine Begrüßungsgruppenumarmung geben, wenn ich meine 3 a wiedersehe? Ich weiß nicht, wie ich diese Aussicht finde. So heißt es für uns Erzieher*innen in den kommenden Wochen, sich zu überlegen wie der OGB aussehen kann unter Corona, welche Abstände wichtig sind und wo man im Sinne der Entwicklung der Kinder auf Nähe setzen muss.

Ich bin gespannt, welche Erfahrungen die Kolleg*innen in der Notbetreuung dahingehend gesammelt haben und auf unser aller Wiedersehen!

Einrichtung/Schule

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