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Die Zeiten dauern an

07.04.2020

Ein Bericht von Anett Lein.

Woche 3 und die Kontaktmaßnahmen werden bis nach Ostern bestehen bleiben. Es überrascht nicht wirklich, aber ganz ehrlich, so langsam schwinden mir die Erinnerungen daran, wie es vorher war. Wir sind in unserem neuen Alltag angekommen, es ist so entschleunigt. Neben all den negativen Auswirkungen, entlockt mir ein Blick auf den Kalender ein kleines Lächeln. Da stehen jeden Tag Termine drin von meinem Mann, dem großen Kind, der Lütte hätte was vor und bei mir wäre in dieser Woche auch einiges losgewesen. Ich blättere weiter Ferien schon ist das Lächeln weggewischt. Wir wollten ins Gebirge fahren und waren schon voller Vorfreude. Und da ist es wieder dieses dumpfe Gefühl, die Frage: was ist danach?

Einmal ist da die wirtschaftliche Situation, aber in diesen Gedankenkreislauf will ich gar nicht einsteigen. Das andere ist die Tatsache, dass ja alles langfristig abgesagt ist. Im Falle von Erzieher*innen heißt das: Ausflüge, Klassenfahrten, unsere Bogensee-Fahrt usw. Das sind immer die Highlights des Jahres, weil man die Kinder außerhalb des Systems Schule erlebt und das nochmal auf einer ganz anderen Ebene Beziehungen wachsen lässt. Aber sind die Kinder nach diesem „Danach“ noch dieselben?

Klar die Sommerferien dauern auch sechs Wochen, in denen man sich nicht sieht, aber es ist eben doch anders Kontaktsperre, immer Zuhause sein, Homeschooling wie erleben sie diese Zeit? Ich bin gespannt auf die Kinder und ihre Berichte. Bei uns hat sich Einiges verändert, ob die drei Herrlichkeiten oder ich, weiß ich nicht zu sagen. Aber einige Vorsätze habe ich über Bord geworfen. Das große Kind, entscheidet inzwischen selbst, wie und wann es seine Homeschooling-Einheiten gestaltet.

schuljunge

Zu Beginn war es immer ein Kampf. Das Kind war der Meinung, es hätte „Corona-Ferien“.

Und gleichzeitig sagt alle Welt, wie wichtig jetzt die Tagesstruktur ist. Also dachten wir Eltern, die Tage so ähnlich wie einen Schultag ablaufen zu lassen, ergibt ja Sinn. Der Große sah das anders. Was haben wir diskutiert und er hatte echt schlagfertige Argumente: „Ihr sagt doch immer, ich soll selbstständig überlegen und entscheiden!“ oder „Ich soll das Lernen lernen und probieren, was für mich passt.“ Boah, dieser Moment, wenn das Kind einen mit seinen eigenen Argumenten mattsetzt. Aber er hat recht und was soll ich sagen: es läuft! Es ist nicht meine Struktur, aber eine Struktur und das ist ja wohl entscheidend ich bin stolz auf ihn und ein bisschen auch auf uns Eltern.

Auch was Medien angeht, haben wir zu einer neuen Lockerheit gefunden. Der abendliche Chat mit den Kumpels ist jetzt Ritual. Womit ich mich immer noch nicht ganz abgefunden habe, ist der Instant-Messanger, den Sohnemann jetzt nutzt. In der Schule hätten wir in meiner Klasse gemeinsam erarbeitet und ausdiskutiert, welche Gefahren in den Sozialen Medien lauern, Stichwort Cybermobbing oder Cybergrooming und wie wichtig ein bewusster Umgang mit WhatsApp & Co ist.

Zuhause muss ein ernstes Gespräch reichen, da sagt er dann wieder solche Sachen: „Ich habe euch verstanden, ihr könnt mir vertrauen und wenn mir was komisch vorkommt, komme ich zu euch.“ Wieder so ein Moment, wo mich ein Schauer durchläuft. Die Welt steht irgendwie still und trotzdem werden die Kinder größer, entwickeln sich weiter und das so verflucht schnell.

Aber ich hab ja noch den Lütten, denkt mein mütterliches Herz. Ich setze mich zu ihm ans Fenster. Er beobachtet, ob aus seinen Eierschalen (in denen er Blumensamen gesät hat) endlich Sprösslinge aus der Erde wachsen.

Wir kommen ins Quatschen. Er erzählt mir, dass er seine Frau ganz dolle vermisst. (Er hat sie feierlich im letzten Sommer in der Kita geheiratet.) Wie er sich freut, wenn sie wieder zusammen spielen können. Und dann kommt es: „Mama, wenn ich groß bin, ziehe ich mit meiner Frau in eine eigene Wohnung und Kinder kriegen wir auch. Zwei Stück, einen Jungen und ein Mädchen.“ Er strahlt mich an, ich strahle zurück, etwas gequält vielleicht, weil er es auch so eilig hat zu wachsen. Ich entscheide mich dazu, im Hier und Jetzt zu sein, versuche achtsam jeden schönen Moment mit meiner Familie wahrzunehmen und zu schätzen. Das „D anach“ kommt früh genug und damit setze ich mich auseinander, wenn es da ist, egal wie es aussieht.

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