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Aus einem Pflichtprogramm wird eine Frühlingsblüte

04.06.2019

Ein Bericht von C. Diller

Die Auszubildenden der Pro Inklusio – Fachschule für Sozialpädagogik müssen mehrmals während ihrer Ausbildungszeit ein Praktikum absolvieren. Im Sommer 2018 hat die Keramik-Werkstatt zum ersten Mal eines angeboten. In diesem Jahr wurde das Angebot auf beiderseitigen Wunsch hin erneuert. Schon in der Woche vor Ostern kamen die TeilnehmerInnen in den Innenhof der Schönfließer Straße.

Montag Morgen, weit vor 9:00 Uhr, dem vereinbarten Beginn, standen sie erwartungsfroh und neugierig unter den blühenden Kastanien. Ausgerüstet mit allem, um einen Tag in der Ferne zu überstehen − Tee, Saft, Kaffee, Gebäck, Schokolade, Obst, Gemüse und mit solider guter Laune. Da standen die acht und scharrten mit den Hufen. Also rein in die gute Stube, alles ausgepackt, nochmal ausführlich Hallo sagen, die Neuigkeiten bequatschen, und dann ging es auch schon los.

 

Ähnlich dem Programm des letzten Jahres markierte eine kurze Einführung in den Werkstoff Ton den Beginn. Am ersten und zweiten Tag wurde dann viel produziert, um im Herstellen der verschiedensten Formen Erfahrungen zu sammeln.

 

 

Der Mittwoch und Donnerstag waren größeren Arbeiten gewidmet − aufwendige Reliefs und eine Vase entstanden. Der Freitag war dem Bemalen vorbehalten, reichte aber trotz emsiger Arbeit zeitlich bei weitem nicht aus. Deshalb gab es drei Wochen später noch einen Extratermin, wo in privater Zeit die liegen gebliebene Arbeit nachgeholt wurde. So viel zum Thema Begeisterung und Engagement.

 

 

Denn genau das ist die Grundlage. Keramik zu machen kann anstrengend sein, langwierig und manchmal sogar langweilig, und es ist eine große Herausforderung, die Begeisterung zu wecken, um dranzubleiben − immerhin kann manchmal eine Stunde oder sogar zwei vergehen, bis man ein ambitionierteres Projekt fertig gestellt hat. Das ist bei Kindern bis 6 Jahren eine sehr lange Zeit. Um diese Altersstufe ging es hier − denn alle TeilnehmerInnen arbeiten an Kitas.

 

Welche Motive wählt man? Wie kann man auch mal für Spaß sorgen, für ein Lachen? Wie führt man durch die nervigen und anstrengenden Passagen? All diesen Fragen gingen wir durch praktisches Tun nach.

 

 

 

 

 

Da hat man nun einen Klumpen Ton in der Hand − vielleicht zum ersten Mal − und es wird gesagt, daraus wird jetzt eine Schildkröte, oder ein Krokodil, oder ein Teller, oder, oder… Wie soll das gehen? Genau diese Erfahrung selbst zu machen und bewusst zu erleben ist Ziel des Kurses, um sich später in die Kinder einfühlen zu können, die kleinen Hürden zu kennen und spielerisch zu meistern. Gerade das Spielerische ist der Kern − gewürzt mit der notwendigen Struktur, die das Handwerk erfordert. Hier die richtige Balance zu finden, entscheidet sich natürlich immer wieder neu und bedarf Erfahrung. Die Grundlagen zu schaffen und die Sicherheit zu erlangen, sich auf dieses Wagnis alleine vor einer Gruppe Kinder einzulassen, das kann aber in dieser einen Woche erreicht werden.

 

Dazu gehören auch Enttäuschungen, Fehler zu machen und zu lernen, welche Projekte vermeintlich einfach aussehen, aber sehr kompliziert und schwierig sind − jede und jeder wird sich sicherlich an die Schlange erinnern, die wir mal „ganz schnell“ noch gemacht haben…

 

 

 

 

Da aber auch die Erwachsenen ganz neu am Werkstoff Ton sind, muss auch bei ihnen die Begeisterung für das Material entfacht werden. Nicht nur durch die richtige Ansprache und die richtigen Methoden, um ans Ziel zu kommen. Sondern auch, indem etwas mit bleibendem Wert geschaffen wird, das im Alltag verwendet werden kann, wie ein Namensschild oder eine Vase. Oder etwas richtig ausarbeiten, lange dran bleiben und tief ins Detail gehen. Etwas schaffen, worauf man stolz ist.

 

Was das sein könnte, entschied der Zufall: in der Werkstatt steht ein kleines Relief mit einem Apfelbaum darauf, unter dem ein Igel sitzt. Es wurde von allen am ersten Tag bestaunt. Somit war die Hausaufgabe klar: ein Motiv für ein Relief ausdenken. Am Mittwoch ging es dann damit los. Und es dauerte bis zum Donnerstag, ja bei einigen fast bis in den Freitag hinein. Die Reliefs zeigen Stadtansichten, Schildkröten, einen Ammonit, Flechtmuster, Eulen, einen Football im Gras oder einen Roboter − aufwändige Projekte, lauter Kunstwerke. Hier ein paar Beispiele:

 

Die Zeit verging wie im Flug. Was als Pflichtveranstaltung seinen Anfang genommen hatte, entpuppte sich als eine angenehme Woche in familiärer Atmosphäre. Ein ruhiges aber beständiges Schaffen, ein wohltuendes Umfeld und viele Anregungen, aber auch Zeit, die eigene Fantasie spielen zu lassen − genau dies ist das Umfeld, das man für die Kinder schaffen kann und muss, um ihr Selbstvertrauen und ihre Schaffenskraft zu stärken und ihnen ganz nebenbei noch tausend kleine Kostbarkeiten über das Leben und die Welt mitzugeben.

 

Die Woche in der Keramik-Werkstatt war ein Geschenk für uns alle. Wir hoffen, es noch oft weitergeben zu können. Auch wenn sich oftmals viele kleine Hürden des Alltags in den Weg stellen − auch dies ist ein Thema des Kurses. Alle haben gespürt, was man hier zum Blühen bringen kann. Diese Pracht und Kraft wird helfen, auch in Zukunft an noch mehr Einrichtungen Keramik anbieten zu können und die Kinder zum Blühen zu bringen.

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